Aubrac, Laguiole

Es hat die ganze Nacht leise geregnet, aber morgens hält der Regen auf. Wir duschen schon um 7.30 Uhr, wir haben heute eine längere Fahrt nach Norden vor uns, nach Laguiole. Das Duschhaus ist diesmal für Damen und Herren getrennt. Trotzdem ist neben meiner Kabine ein Mann in der Kabine, der sich laut mit seiner Frau in der Nachbarkabine unterhält. Engländer. Diesmal keine Gucklöcher in der Kabinenwand. Dafür ist die Kabine unangenehm schmal. Mit den Ellenbogen kommt man links und rechts an die Wand. Da ist sogar unsere Kabine im Wohnmobil breiter.

Le Vigan: Campingplatz Le Val de l'Arre nach der Regennacht

Wir fahren 9.30 Uhr los. Sehr schöne Fahrt über Land – erst auf der D7 Richtung Millau, eine wunderbare Strecke. Nicht viel los. Viele Kurven. Ein Tunnel durch einen Felsen. Dann eine Hochebene, hier wachsen viele Orchideen – Knabenkraut – am Wegesrand. Rolf hält zwei Mal und ich fotografiere die Pflanzen. Überhaupt eine sagenhafte Blütenfülle in den Cevennen.

Wildwachsendes Knabenkraut am Wegesrand

Knabenkraut mit Marienkäfer

Wir gehen bei Millau auf die Autobahn und fahren über das Viadukt bei Millau (fantastische Brücke) Richtung Norden. Erst Autobahn, dann ab Ausfahrt 38 Landstraße.

Viaduc de Millao

Sehr interessant auf der Landstraße D 900 über einsame karge Wiesen und Viehweiden mit großen Steinen. Das Aubrac ist ein Hochplateau mit einer Durchschnittshöhe von 1.000 Metern im südwestlichen Zentralmassiv. Auf den Weiden stehen wunderschöne hellbraune Aubrac-Kühe und jede Herde hat in ihrer Mitte einen Bullen, der meist einen schwarzen Kopf hat. Es sind große und schöne Tiere. Viele haben lange Hörner. Wir fahren erst Richtung Aubrac, das scheint im Winter ein Skigebiet zu sein, dann nach Laguiole.

Bergige Gegend beim Col dŽAubrac in 1340 m Höhe

Einsamer Bauernhof in der Hochebene bei Aubrac

Einsame und bergige Gegend bei Laguiole

Aubrac-Kühe auf den Wiesen

In Laguiole fällt uns an dem Ortseingang eine langgestrecke Fabrik auf: "Coutellerie Forge de Laguiole". Dort werden sicher die weltberühmten Messer hergestellt.

Laguiole - Kult - Klappmesser aus der Manufaktur Coutellerie Forge de Laguiole

Wir parken auf dem belebten Marktplatz. Ein Porsche Carrera aus Hamburg steht dort auch. Es ist schon 13 Uhr und alle Leute sitzen in den Restaurants und Cafés. Gegenüber vom Platz entdecken wir ein Restaurant L´Aubrac. Dort sitzen viele Leute draußen auf der Terrasse. Aber es ist recht frisch und wir gehen lieber hinein. Wir werden sehr freundlich empfangen. Drinnen sitzen sehr viele Männer, die wie Arbeiter aus einer Messerfabrik wirken. Es scheinen Kollegen zu sein, sie kennen sich. Die freundlichen Kellner bringen schnell die Karte und wir entscheiden uns für ein Steak mit Frites. Großen Hunger auf ein Menü haben wir heute nicht. Das Steak ist lecker und zart. Die Frites sind die besten, die wir bisher auf der Reise bekommen haben. Dazu gibt es eine halbe Flasche Rosé im Plastiksack mit Eis. Die Nachspeise ist Café Gourmand für mich (lecker) und Crème brûlée für Rolf.

Nachspeise Café Gourmand

Im Restaurant LŽAubrac

Ich beobachte eine Gruppe von 6 jungen Männern, vermutlich Arbeiter aus der Fabrik am Ortseingang, die Punkt 13.30 Uhr erscheinen. Vermutlich beginnt jetzt ihre Mittagspause. Sie bekommen als Vorspeise eine große Portion, die wie Omelette aussieht. Eine Literflasche Rotwein steht schnell auf dem Tisch und sie bekommen Wasser dazu. Danach gibt es Spaghetti Bolognaise mit einer Riesenportion Parmesan. Jeder nimmt sich eine große Handvoll davon. Danach wird von der Bedienung eine gewaltige Platte mit Käsestücken auf den Tisch gestellt. Dann kommt noch Nachtisch. Ein großer Teller mit einer Waffel und Pudding. Als Abschluss wird Kaffee serviert. Alles wird in einer halben Stunde verputzt. Sie gehen um 14 Uhr. Nach 14 Uhr öffnen die Geschäfte wieder und das Restaurant leert sich.

Laguiole - feinste Handwerkskunst im Schaufenster

Wir schlendern durch den Ort und besichtigen in unterschiedlichen Läden die herrlichen, handgearbeiteten Messer. Manche Läden sind sehr elegant. Die Verkäuferinnen sind sehr freundlich und höflich und man kann auch nur gucken und dann wieder gehen. Schließlich entdecken wir einen Laden, der die Messer in der Auslage hat, die wir auch haben. Mit dem Stierkopf auf der Klinge. Aber leider hat der Laden nicht geöffnet. Macht wohl heute länger Mittagpause. An der Tür steht nicht dran, dass heute geschlossen ist. Wir gehen auf der anderen Straßenseite zurück und entdecken einen weiteren Laden, der sehr schöne Messer hat. Wir gehen hinein und Rolf kauft sich schließlich ein Messer aus hellem Holz mit Punkten, Genévrier, vermutlich ist das Wacholderholz. So duftet es auch. Rolf lässt sich seinen Vornamen auf das Messer eingravieren.

Durch den Laden stolziert plötzlich eine mollige schwarze Katze mit weißem Fleck am Hals und auf den Pfoten. Sie lässt sich in der geöffneten Eingangstür nieder, liegt auf der Fußmatte und nimmt die Schmeicheleien und anerkennenden Bemerkungen derTouristen entgegen. So süß! Ich fotografiere die dicke Schwarze und sie lässt es gern geschehen, die Ladeninhaberin auch.

Laguiole: Katze bewacht den Eingang zum Laden

Dann schlendern wir weiter und es kommt ein Laden, der so allerlei verkauft, Angelhaken, Tischsets und auch Messer von der von uns gesuchten Werkstatt. Und sie haben auch Gabeln! Wir entdecken Gabeln, die genau zu unseren Messern zu Hause passen. Es ist etwas schwierig der Verkäuferin zu erklären, was wir wollen, 6 Gabeln von dieser bestimmten Sorte. Sie nimmt schließlich die 6 Gabeln aus einem großen Besteckkasten mit 10 Gabeln und 10 Messern heraus. Wir sind froh, dass wir die passenden Gabeln gefunden haben, denn Gabeln sind nicht oft zu haben.

In einem Laden hatten wir gefragt, ob man auch eine Fabrik mit Messeranfertigung besichtigen kann. Man erklärt uns den Weg und das ist genau die Fabrik, die wir am Ortseingang gesehen haben. Wir fahren dort hin und es lohnt sich wirklich. Die Fabrik ist wie ein langer Gang mit Gucklöchern gemacht. Viele Zimmer mit jeweils 2-3 Handwerkern. Sie lassen sich gern beobachten und wenn sie einen erspähen, sagen sie freundlich Bonjour und lächeln und nicken.

Einer stanzt glühendes Stahl aus, andere sägen die Holzteile aus und andere fertigen die Ziselierungen an. Faszinierende Sache, dem zuzusehen. Ich sehe auch einem Arbeiter zu, der Gabeln anfertigt. Ich bin überrascht, wie viele Arbeitsschritte für die Herstellung einer einzigen Gabel notwendig sind.

Nach ca. einer halben Stunde fahren wir weiter, nicht ohne noch einen großen Laden in der Nähe im Industriegebiet zu besuchen. Aber dort finden wir nichts aufregendes.

Schließlich fahren wir wieder weiter über Land nach Norden. Bei Claudes-Aigures an der D921 finden wir den Terrassen-Campingplatz Flower Camp Belvedere oberhalb von einem Stausee. Steile Zufahrt und schmale Fahrgasse. Aber sehr schöner weiter Blick in die Landschaft. Zur rechten Hand haben wir ein Ehepaar mit Wohnwagen als Nachbarn. Als ich grüße, drehen sie sich demonstrativ weg. Ich halte das erst für Zufall, aber wie ich später am Autokennzeichen feststelle, sind es Holländer. Die grüßen Deutsche offenbar nicht mal zurück. Wenigstens zu Zeiten der Fußball-WM nicht. Bei Dämmerung sitze ich noch 20 Minuten draußen und warte auf Fledermäuse. Aber ich sehe keine. Eine Stunde später schauen wir noch mal raus, da fliegen viele und recht große Fledermäuse vor dem Empfangsbüro vom Campingplatz, leider zu weit entfernt für Fotos.

Campingplatz Flower Camp Belvedere - Blick ins Land

Campingplatz Flower Camp Belvedere - Terrassencamping


Übersichtskarte rechts oben aus Wikipedia, Urheber / Autor Eric Gaba – Wikimedia Commons user: Sting.